Aktuelle Kritik

Die »Couplet-AG« mit Bianca Bachmann (von links), Bernhard Gruber, Jürgen Kirner und Berni Filser brachte das Publikum zum Lachen und Nachdenken. Die »Couplet-AG« mit Bianca Bachmann (von links), Bernhard Gruber, Jürgen Kirner und Berni Filser brachte das Publikum zum Lachen und Nachdenken. Foto: Heel

Volksnahe Unterhaltung vom Feinsten

Volkssänger, Komiker und Kabarettisten bevölkerten bereits um 1900 die Wirtshäuser und Bühnen von München, Berlin und Wien. Mit ihren satirischen Brettl-Liedern und Couplets nahmen sie die hohe Politik dabei ebenso aufs Korn wie den kleinbürgerlichen Alltag. In dieser Tradition steht auch die Münchner »Couplet-Art-erhaltungsGesellschaft (kurz: »Couplet-AG«), die seit gut 25 Jahren für beste volksnahe Unterhaltung sorgt. So auch jetzt in der ausverkauften Traunsteiner Kulturfabrik NUTS, wo die beiden Gründungsmitglieder Jürgen Kirner und Bernhard Gruber zusammen mit Bianca Bachmann und Berni Filser das Publikum zum Lachen, aber auch zum Nachdenken brachten.

So besangen die vier Komödianten gleich eingangs den Bofrost-Mann, der Vater sämtlicher Kinder im Viertel sei, gefolgt von einem Seitenhieb auf die »Latte-Macchiato-Mütter, die sich mit ihrem Milchschaum vernebelten Hirn für den Nabel der Welt halten«. Ähnlich bissig ging es weiter, wobei »Kapellmeister« Bernhard Gruber am Akkordeon und an der Gitarre für die Musik sorgten, während Jürgen Kirner und Bianca Bachmann mal solo und mal im Duett ihre frech-witzigen Lieder und Sketche zum Besten gaben.

Da schlüpfte Jürgen Kirner dann wieder in seine Paraderolle als hüftschwingender »Razzo vom Inkasso«, der als Chef der dubiosen Razzo-Security jedem seinen Schutz androhte, oder er spielte den Flaschen sammelnden Rentner, der eine ganz besondere Flasche sucht, nämlich die, in der Franz-Josef Strauß den »Mini-Jobber aus Franken« als Geist gefangen hält.

Bianca Bachmann dagegen warb bei den älteren Besuchern für ihre Elvira-Kuppel-GmbH, frei nach dem Motto »Sie kommen allein – und sterben zu zweit«, schwärmte zwischendurch von Männern mit Bauch, und weil laut Jürgen Kirner alias dem schlapphütigen »Heiligen aus Windischeschenbach« gegen Haarausfall ein Glaserl Eigenurin hilft, verteilte sie eine zumindest optisch ähnliche Flüssigkeit großzügig im Publikum. Und wer schon immer den Verdacht hatte, dass Ärzte zu viel operieren, um ihr Chalet in der Schweiz abzahlen zu können, kam auch hier auf seine Kosten. Denn merke: »Es gibt keine Gesunden. Nur unzureichend Untersuchte. Und wenn Sie nicht parieren, verkaufen wir Ihre Nieren.«

Natürlich durfte auch eine Hommage an Karl Valentin nicht fehlen, hat die »Couplet-AG« doch vor einigen Jahren eine Reihe von dessen eher unbekannten Couplets neu vertont. Etwa das Stück »Ein zufriedener Ehemann«, in dem ein angesäuselter Herr, umwerfend gespielt von Jürgen Kirner, an seiner Gattin kein gutes Haar lässt: »Schön ist sie nicht, das kann ich nicht grad sagen, aber saudumm, das oide Trum«.

In einem zweiten Lied hieß es dann: »Wir stehen hier oben und singen, weil jeder von uns muss. Das ewige Gedüdel, das ist uns kein Genuss. Doch Sie, Sie sitzen unten und hör’n den Blödsinn an, so amüsiert sich jeder, so gut er eben kann.«

Nach einem Abstecher ins Tröpferlbad, wo man seinen Nachbarn erst richtig kennenlernen würde, »also nachm Baden, wenn er dann sauber is, ganz ohne Dreck wie unter der Woche«, nahm die »Couplet-AG« noch so rasant wie treffend zu Riesters Rentenangebot Stellung: »Wir wollen keine Riester-Rente. Wir wollen Riesters Rente haben. Damit wir dann am Ende den Grabstein können zahlen.«

Ein famoser Schlusspunkt für einen überaus gelungenen Auftritt, dem Jürgen Kirner noch eine TV-Empfehlung hinterherschickte: Am 1. Januar 2020 präsentiert er um 20.15 Uhr im Bayerischen Fernsehen wieder seine Brettl-Spitzen, mit Gästen wie dem Trio Schleudergang oder der stimmgewaltigen Barbara Preis.

Additional Info

  • Quelle: Traunsteiner Tagblatt
  • Autor: Wolfgang Schweiger
  • Datum: 04.12.2019