Aktuelle Kritik

Jürgen Kirner geht vollkommen in seiner Rolle auf. Jürgen Kirner geht vollkommen in seiner Rolle auf. Antonia Heil

Otto und Gustl als roter Faden

Die Couplet-AG trat mit ihrem Programm „Wir kommen“ im Gasthof Höhensteiger auf

Rosenheim – Vier Stühle, ein paar Instrumente und verschiedene Kleidungsstücke – mehr braucht die Couplet-AG im Gasthof Höhensteiger in Westerndorf St. Peter nicht, um einen Abend lang für beste Unterhaltung zu sorgen.

Ehe man sich’s versieht, steht da auf der Bühne ein Bauern-Ehepaar, das sich eigentlich nicht mehr gegenseitig ausstehen kann, aber trotzdem noch irgendwie zusammenhält. Oder Dr. Google, der Ratschläge verteilt. Oder zwei Besoffene philosophieren über Würstl.

Jürgen Kirner, Bianca Bachmann, Bernhard Gruber und Bernhard Filser zaubern innerhalb von Minuten ganz neue Szenen und Eindrücke auf die Bühne, im klassischen Stil komödiantischer Sketche und Lieder, aber überraschend frisch. Die Szenen sind aus dem Alltag der Zuhörer gegriffen, wie zum Beispiel die Ehefrau, die immer Pickel ausdrücken will. Oder aber, die Szenen erinnern an etwas: Die Zuhörer kichern, als Bachmann und Kirner die beiden Omas alias Heißmann und Rassau nachahmen, die sie von der Fastnacht in Franken aus dem Fernsehen kennen. Andere Sketche tragen unverkennbar die Handschrift Karl Valentins. Absolut ungeschlagen ist aber Kirners Version eines Heurigen-Liedes, vorgetragen in reinstem Wienerisch. Man erkennt in Kirner förmlich Hans Moser wieder, den berühmten österreichischen Schauspieler und Sänger des frühen 20. Jahrhunderts, wenn er seine Reblaus besingt, während es eigentlich gerade um Kirners vom Alkohol in Mitleidenschaft gezogene Leber geht.

Aber natürlich ist die Couplet-AG inhaltlich im Hier und Jetzt angekommen. Viel Politik mit einer exakt abgeschmeckten Portion Häme und einer gehörigen Prise Ironie bringen Bachmann und Kirner auf die Bühne, wenn das letzte Mitglied des SPD-Ortsvereins am Ende von einer reichen russischen Öl-Magnatin bestochen wird.

Zwischen diesen szenischen Sprüngen braucht das Gehirn eine Verschnaufpause. Die gewähren die Künstler anhand eines roten Fadens: Immer zwischen den Sketchen und Liedern von Bachmann und Kirner treten Gruber und Filser auf – als Otto und als geistig leicht beschränkter Gustl. Gustl will unbedingt sein Dichtertalent verewigen und seine Verse in Holz „tätowieren“: Für die Toilette schlägt er zum Beispiel „Liebe Köchin, lieber Koch, hier plumpst deine Kunst ins Loch“ vor. Nur leider findet er den ganzen Abend über keine Steckdose für sein Tätowiergerät. Gleichzeitig will er Otto mit einer Dame aus dem Publikum verkuppeln – ohne Erfolg.

Nach zweieinhalb Stunden im heißen Gastraum schwitzen Instrumente, Darsteller und Publikum – aber trotzdem haben alle so viel Spaß, dass es drei Zugaben gibt. Die Couplet-AG gibt es nicht umsonst schon seit 25 Jahren. Sie verstehen sich auf ihr Handwerk: solide, lustige Unterhaltungskunst mit dem Maß an Tiefsinn, das nach Feierabend Freude macht.

Additional Info

  • Quelle: Oberbayerisches Volksblatt
  • Autor: Antona Heil
  • Datum: 14.03.2018