Aktuelle Kritik

Jürgen Kirner, Bernhard Gruber, Bianca Bachmann und Berni Filser (von links) wissen, wie man den Ton angibt. Jürgen Kirner, Bernhard Gruber, Bianca Bachmann und Berni Filser (von links) wissen, wie man den Ton angibt. Harald Langer

Geniale Schwarzmaler

Die Couplet-AG erweckt auf der Stadttheater-Bühne Elli Salmonelli und viele andere skurrile Gestalten zum Leben. Das ist bisweilen recht makaber, strapaziert aber Zwerchfell und Geist gleichermaßen

Kaufbeuren Einen äußerst vergnüglichen Abend bereitete die Couplet-AG ihrem Publikum im ausverkauften Kaufbeurer Stadttheater. Die Musikkabarett-Truppe präsentierte auf Einladung des Irseer Altbaus ihr neues Programm „Wir kommen! – Die Rache der Chromosomen“.

Schon mit ihrem lautstarken Einzug auf die Bühne – Chef Jürgen Kirner mit der großen Trommel, Berni Filser an der Gitarre, Bernhard Gruber an der Ziach und Bianca Bachmann an den Tschinellen – machte die Couplet-AG klar, wer hier den Ton angibt. In den folgenden zwei Stunden verlangte das wandlungsfähige Quartett mit seinem schwarzen Humor, mal schreiend laut, dann wieder sentimental leise, spielerisch oder singend, dem Zwerchfell wie auch dem Geist des Zuhörers alles ab.

Überraschend sah sich der eine oder andere Zuschauer auch in das Geschehen mit eingebunden. So sinnierte Gustl (Berni Filser) immer wieder über eine innige Umarmung mit einer Zuschauerin, wohingegen sich Bachmann während ihres Liedes von „der Lust des Pickeldrückens“ vehement ins Publikum stürzte und nach dieser „gelben Sahne“ Ausschau hielt.

Thematisch nahmen sich die Satiriker die kleinen Lügen im Familienalltag ebenso vor wie die großen politischen und gesellschaftlichen Fragen. So begann das Spektakel mit den „Freuden“ eines Verwandtschaftsbesuches und schloss zum Ende mit der Erkenntnis: „Mir san Viecher und a Graus und auch beim Herrgott herrscht Verdruss, weil er sich seiner Kinder schämen muss.“

Entlastung für die Rentenkassen

Überaus beißend spielten Bachmann und Kirner ein älteres kinderloses Ehepaar, das in drastischen Worten überlegte, ein Kind aus dem Kongo zu adoptieren, um im Alter dort gepflegt zu werden. Ebenfalls sehr schwarz ihre Darstellung der Firma „Extrem-Seniorenreisen“, die mit geeigneten Reisezielen und Attraktionen hilft, die Rentenkassen zu entlasten. Eine Anregung gab es auch, wie die Altersarmut bekämpft werden könne: Rentner sollten halt einfach aus den Tonnen der bundesdeutschen Reichen die Pfandflaschen herauswühlen.

Bachmann arbeitete außerdem aus Sicht von „Elli Salmonelli“ die wundersame Vermehrung ihrer Spezies während des Bayern-Ei-Skandals auf. Auch die Lobbyarbeit von Unternehmern, natürlich zum Wohle aller und zur Entlastung der Politiker, fand bitterböse Anerkennung in Wort und Gesang. Politiker wie Trump mit seiner Abkehr vom Umweltschutz oder Merkel als Bolzen schießende „SPD-Schlachterin“, erhielten im Reigen der makabren Vorstellungen ihren Platz. Wie ein roter Faden zogen sich die kleinen Sketche und Sprüche von Gustl (Filser) und Otto (Gruber) durch die Veranstaltung und sorgten für noch mehr Dichte im ohnehin schon so rasanten wie hochkarätigen Programm der Couplet-AG.

Mit dem „Zapferl Söder-Rektal“ bedachte das Quartett das begeistert klatschende Kaufbeurer Publikum als Zugabe.

Additional Info

  • Quelle: Allgäuer Zeitung
  • Autor: Dieter Kaufmann
  • Datum: 19.03.2018